4.12. Binärformate

Um zu verstehen, warum FreeBSD das Format elf(5) benutzt, müssen Sie zunächst etwas über die drei gegenwärtig “dominanten” ausführbaren Formate für UNIX® Systeme wissen:

FreeBSD kommt aus dem “klassischen” Lager und verwendete traditionell das Format a.out(5), eine Technik, die bereits über viele BSD-Releases hinweg eingesetzt und geprüft worden ist. Obwohl es bereits seit einiger Zeit möglich war, auf einem FreeBSD-System auch Binaries (und Kernel) im ELF-Format zu erstellen und auszuführen, widersetzte FreeBSD sich anfangs dem “Druck”, auf ELF als Standardformat umzusteigen. Warum? Nun, als das Linux-Lager die schmerzhafte Umstellung auf ELF durchführte, ging es nicht so sehr darum, dem ausführbaren Format a.out zu entkommen, als dem unflexiblen, auf Sprungtabellen basierten Mechanismus für “Shared-Libraries” der die Konstruktion von Shared-Libraries für Hersteller und Entwickler gleichermaßen sehr kompliziert machte. Da die verfügbaren ELF-Werkzeuge eine Lösung für das Problem mit den Shared-Libraries anboten und ohnehin generell als “ein Schritt vorwärts” angesehen wurden, wurde der Aufwand für die Umstellung als notwendig akzeptiert und die Umstellung wurde durchgeführt. Unter FreeBSD ist der Mechanismus von Shared-Libraries enger an den Stil des Shared-Library-Mechanismus von Suns SunOS™ angelehnt und von daher sehr einfach zu verwenden.

Ja, aber warum gibt es so viele unterschiedliche Formate?

In alter, grauer Vorzeit gab es simple Hardware. Diese simple Hardware unterstützte ein einfaches, kleines System. a.out war absolut passend für die Aufgabe, Binaries auf diesem simplen System (eine PDP-11) darzustellen. Als UNIX von diesem simplen System portiert wurde, wurde auch das a.out-Format beibehalten, weil es für die frühen Portierungen auf Architekturen wie den Motorola 68000 und VAX ausreichte.

Dann dachte sich ein schlauer Hardware-Ingenieur, dass, wenn er Software zwingen könnte, einige Tricks anzustellen, es ihm möglich wäre, ein paar Gatter im Design zu sparen, und seinen CPU-Kern schneller zu machen. Obgleich es dazu gebracht wurde, mit dieser neuen Art von Hardware (heute als RISC bekannt) zu arbeiten, war a.out für diese Hardware schlecht geeignet. Deshalb wurden viele neue Formate entwickelt, um eine bessere Leistung auf dieser Hardware zu erreichen, als mit dem begrenzten, simplen a.out-Format. Dinge wie COFF, ECOFF und einige andere obskure wurden erdacht und ihre Grenzen untersucht, bevor die Dinge sich in Richtung ELF entwickelten.

Hinzu kam, dass die Größe von Programmen gewaltig wurde und Festplatten sowie physikalischer Speicher immer noch relativ klein waren. Also wurde das Konzept von Shared-Libraries geboren. Das VM-System wurde auch immer fortgeschrittener. Obwohl bei jedem dieser Fortschritte das a.out-Format benutzt worden ist, wurde sein Nutzen mit jedem neuen Merkmal mehr und mehr gedehnt. Zusätzlich wollte man Dinge dynamisch zur Ausführungszeit laden, oder Teile ihres Programms nach der Initialisierung wegwerfen, um Hauptspeicher oder Swap-Speicher zu sparen. Programmiersprachen wurden immer fortschrittlicher und man wollte, dass Code automatisch vor der main-Funktion aufgerufen wird. Das a.out-Format wurde oft überarbeitet, um alle diese Dinge zu ermöglichen und sie funktionierten auch für einige Zeit. a.out konnte diese Probleme nicht ohne ein ständiges Ansteigen eines Overheads im Code und in der Komplexität handhaben. Obwohl ELF viele dieser Probleme löste, wäre es sehr aufwändig, ein System umzustellen, das im Grunde genommen funktionierte. Also musste ELF warten, bis es aufwändiger war, bei a.out zu bleiben, als zu ELF überzugehen.

Im Laufe der Zeit haben sich die Erstellungswerkzeuge, von denen FreeBSD seine Erstellungswerkzeuge abgeleitet hat (speziell der Assembler und der Loader), in zwei parallele Zweige entwickelt. Im FreeBSD-Zweig wurden Shared-Libraries hinzugefügt und einige Fehler behoben. Das GNU-Team, das diese Programme ursprünglich geschrieben hat, hat sie umgeschrieben und eine simplere Unterstützung zur Erstellung von Cross-Compilern durch beliebiges Einschalten verschiedener Formate usw. hinzugefügt. Viele Leute wollten Cross-Compiler für FreeBSD erstellen, aber sie hatten kein Glück, denn FreeBSD's ältere Sourcen für as und ld waren hierzu nicht geeignet. Die neuen GNU-Werkzeuge (binutils) unterstützen Cross-Compilierung, ELF, Shared-Libraries, C++-Erweiterungen und mehr. Weiterhin geben viele Hersteller ELF-Binaries heraus und es ist gut, wenn FreeBSD sie ausführen kann.

ELF ist ausdrucksfähiger als a.out und gestattet eine bessere Erweiterbarkeit des Basissystems. Die ELF-Werkzeuge werden besser gewartet und bieten Unterstützung von Cross-Compilierung, was für viele Leute wichtig ist. ELF mag etwas langsamer sein, als a.out, aber zu versuchen, das zu messen, könnte schwierig werden. Es gibt unzählige Details, in denen sich die beiden Formate unterscheiden, wie sie Pages abbilden, Initialisierungscode handhaben usw. Keins davon ist sehr wichtig, aber es sind Unterschiede. Irgendwann wird die Unterstützung für Programme im a.out-Format aus dem GENERIC-Kernel entfernt werden. Wenn es dann keinen oder kaum noch Bedarf für die Unterstützung dieses Formates gibt, werden die entsprechenden Routinen ganz entfernt werden.

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